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Sinn und Unsinn des Basler Flughafen-Ausbaus:

Pierre Fornallaz

Basel braucht einen Flughafen! Vor 50 Jahren ist dieser Aussage mit Ueberzeugung zugestimmt worden, um so
mehr als man damals von einem Regionalflughafen sprach. Heute sind doch erhebliche Zweifel anzumelden, ob
Basel wirklich einen internationalen Flughafen benoetigt, eine Bahnstunde von Zuerich und drei Stunden von Frankfurt
und Genf entfernt. Und selbst wenn diese Frage mit Hinweis auf den Industriestandort Basel bejaht werden sollte, ist
der geplante Ausbau am heutigen Standort unverantwortbar. Ein ganzer Stadtteil wird in immer zunehmendem
Masse mit Laerm, Luftverschmutzung und Absturzgefaerdung geplagt, waehrend sich gleichzeitig die Regierung
Gedanken ueber die Beeintraechtigung der Lebensqualitaet und ihre Folgen (Abwanderung und Steuerausfall) macht.
Braucht es den Ausbau wirklich, oder sollen nur so einfaeltige Angebote wie Shopping-Wochenende in New York
und aehnlicher reiner Flugkonsum vervielfacht werden?

Wie der Basler Flughafen zum Problem wurde:

1950: Es war falsch, den Flughafen so nahe bei Basel und mit einer Flugachse, die direkt ueber dicht bebautes
Stadtgebiet fuehrt, zu errichten. Ein Blick auf die Landeskarte (1:100000, Blatt 26) genuegt, um festzustellen, dass die
Verlegung des Standortes um 5 km nach Norden die heutigen Probleme praktisch eliminiert haette. Direktstarts ueber
Basel wurden aber damals ausgeschlossen: Suedliche Abfluege sollten sofort nach Westen abschwenken und die
Wohngebiete umfliegen.
1970: Die, erste Ausbauetappe, die ohne jede Ruecksicht auf die betroffene Basler Anwohnerschaft geplant worden
ist, wird in der Volksabstimmung 1971 verworfen. Flughafenbehoerden und Regierung werden erstmals gezwungen,
ihre Planungen nicht nur ausschliesslich auf die Geschaeftsinteressen einer Minderheit auszurichten. Die neue
Vorlage, die 1975 genehmigt wird, verspricht vieles: Dank- der Pistenverlaengerung wird
die Laermbelastung trotz Verdoppelung der Anzahl Fluege bis 1985 abnehmen. Abfluege in suedlicher Richtung werden
ausnahmslos nach Westen abschwenken (S-Kurve). Wir wissen heute, dass diese Versprechen nicht eingehalten
wurden, nicht eingehalten werden konnten. Der Flughafen steht am falschen Ort!
1998: Wachstum ohne Ende als einziges Richtziel! Es dauerte 35 Jahre, um die Passagierzahl von einer Million zu
erreichen (1985). Die zweite Million benoetigte nur sieben Jahre (1992), jetzt will man fuer 3,5 Millionen ausbauen und
fuenf Millionen Passagiere sind fuer 2010 geplant. Die Direktstarts ueber dichtbewohntes Stadtgebiet, die 1975 noch
ausgeschlossen wurden, nehmen ruecksichtslos zu. Der hilflose Regierungsrat kann nur nachvollziehen, was
Geschaeftsinteressen laengst diktiert haben. Entgegen den Zusicherungen von 1975 wurden vor Jahren sechs
Direktfluege "bewilligt", heute steigt die Zahl auf acht, dabei benutzten gemaess Flughafenprospekt bereits 1997
taeglich 27 Flugzeuge die direkte Abflugroute, eine Zahl, welche die geplagte Bevoelkerung von Basel West auch
ohne Statistik bestaetigen kann.
Aehnliches ist von den Nachtfluegen zu sagen. Aeusserste Zurueckhaltung werde geuebt, sagen die Flughafenbehoerden
und melden gleichzeitig, dass die Anzahl der bewilligten Fluege im letzten Jahr um 8% auf 7245 (durchschnittlich 20
pro Nacht) angestiegen sei...
Von Hilfslosigkeit zeugt auch die vorn Regierungsrat vor vielen Jahren angeforderte Risikoanalyse, ein Auftrag, den
das zustaendige Bundesamt (Bazl) einfach ignoriert!

Nachhaltige Entwicklung:

Im Jahre 1992 hat sich die Staatengemeinschaft an der Rio-Konferenz zur nachhaltigen Entwicklung bekannt.
Nachhaltig leben heisst, nicht mehr zu verbrauchen, als dank der Sonnenstrahlung nachwaechst, und nicht-
nachwachsende Rohstoffe zu rezyklieren. Der Bundesrat hat 1997 ein Strategiepapier verabschiedet und Ziele
fuer die nachhaltige Entwicklung in der Schweiz festgelegt. So soll z. B. der Verbrauch fossiler Energietraeger bis
zum Jahr 2000 stabilisiert und spaeter reduziert werden.
Der Luftverkehr ist in keiner Weise nachhaltig. Die realisierten und geplanten Effizienzsteigerungen aendern nichts
an dieser Feststellung und werden zudem durch die Zunahme des Luftverkehrs, bei weitem uebertroffen. Die einzige
Loesung des Problems besteht darin, dem Luftverkehr im Interesse nachfolgender Generationen Grenzen zu setzen. Der
Ausbau des Flughafens auf fuenf Millionen Passagiere pro Jahr ist mit dem in Rio festgelegten und vom schweizerischen
Bundesrat bekraeftigten Ziel einer nachhaltigen Entwicklung nicht zu vereinbaren.

Falscher Standort:

Man wird heute niemandem den Vorwurf machen wollen, 1950 die Zukunft falsch eingeschaetzt zu haben. Damals
glaubte man noch an die ausschliesslich segensreichen Auswirkungen des technischen Fortschrittes. Ganz anders
war die Lage Anfang der siebziger Jahre. Die Grenzen des Wachstums waren thematisiert. Es war nur etwas
Weitsicht noetig, um einzusehen, dass der damalige Ausbau nur Sachzwaenge schaffen wuerde. Diese Weitsicht war
leider schon damals nur im kritisch denkenden Teil der Bevoelkerung zu finden, die aber - wie heute mit nicht
haltbaren Versprechungen vertroestet wurde. Sollte man nicht aus frueheren Fehlern etwas lernen? Die heutigen
Entscheidungstraeger benoetigen nicht einmal mehr Weitsicht, es genuegt, wenn sie mittelfristig realistisch denken.
Dann muessen sie einsehen, dass der geplante Ausbau die Wohnqualitaet in Basel grossflaechig zerstoeren wird mit
allen damit verbundenen Folgen. Der Ausbau des Flughafens am heutigen Standort ist unverantwortlich und mit der
Erhaltung der Wohnqualitaet in Basel-West, Binningen und Allschwil nicht zu vereinbaren.

Schadenabschaetzung:

Versuchen wir eine grobe Abschaetzung, um wenigstens die Groessenordnung des verursachten Schadens zu
ermitteln. Mindestens 50000 bebaute Grundstuecke werden durch zunehmenden Laerm, Luftverschmutzung und
Absturzgefaehrdung betroffen. Man wird nicht weit von der Wirklichkeit sein, wenn als Durchschnittswert des
Grundstueckes 500000 Franken angenommen wird. Wenn die Entwertung konservativ mit 20% angenommen wird,
ergibt sich ein Gesamtschaden von fuenf Milliarden Franken. Dieser Zahl wird man selbstverstaendlich den Nutzen
des Flughafens entgegenhalten. Dieser Vergleich waere interessant, allerdings unter der Voraussetzung einer
echten Kostenrechnung. Staatsbeitraege zur Finanzierung des Ausbaus und subventioniertes Flugbenzin zu 25 Rp./l
ermoeglichen es, auch mit volkswirtschaftlich schaedlichen Unternehmen private Geschaefte zu machen.

Vom Sinn des Fliegens:

Es soll hier nicht bestritten werden, dass der moderne Luftverkehr grosse Vorzuege aufweist und in unserer
schnelllebigen Welt unverzichtbar geworden ist, wenigstens bis die Menschheit einsieht, dass die Pflege der
Langsamkeit weit mehr Lebensqualitaet bieten kann. Doch ist wahrscheinlich noch ein weiter Weg bis zu dieser
Einsicht zu gehen. In der Zwischenzeit sind mutige und realistische Entscheide faellig. Der Luftverkehr muss
begrenzt werden. Es muss unterschieden werden zwischen sinngebenden, notwendigen Fluegen und einer
gedankenlosen Konsumfliegerei, die ihre Kosten niemals deckt und eigentlich nur dazu dient, ueberdimensionierte
Luftflotten vor dem Konkurs zu retten. Die Betreiber von Flughaefen und die Fuehrer von Luftflotten werden die
geforderte Begrenzung sicher nicht freiwillig herbeifuehren. Es braucht eine starke Politik, die Rahmenbedingungen
setzt und dafuer sorgt, dass sie auch beachtet werden.

Starke Politik ist gefragt:

Das Ausbauprojekt des Euroflughafens ist ein trauriges Beispiel des Versagens der Politik von Bund und Kanton.
Es erinnert an ein anderes unruehmliches Unternehmen, dessen Ende erst kuerzlich vom Bundesrat eingelaeutet
worden ist, die Nutzung der Atomenergie:
- Die Politik drueckt sich vor der Verantwortung.
- Milliarden werden investiert und die Wirtschaft kassiert.
- Das Volk hat den Schaden und bezahlt, ein zweites Mal in Form von nichtamortisierbaren Investitionen (NAI).
Es waere besser, fruehzeitig und in Baseldytsch "NAI" zu sagen. Warum koennten wir nicht Jeanne-Claude und
Christo, die in Basel bestens eingefuehrt sind, einladen, die Ausbauprojekte zu verpacken und - als Kunstwerk der
buergerlichen Vernunft - so zu belassen?

* Pierre Fornallaz, geb. 1924, dipl. Ing. und emeritierter Professor der ETH, ist Mitgruender des Zentrums fuer
Angepasste Technologie und Sozialoekologie, Langenbruck. Er leitete 1988 das Vorprojekt "Erste Schritte in
Richtung Oekostadt Basel" und lebt seit 1990 in Basel.

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